Citizen Science: „Das Potenzial der Gesellschaft ernst nehmen und sichtbar machen“
Seit September 2020 hat der Innovation Hub 13 seine erste Mitarbeiterin im Bereich „Citizen Science“, oder auf Deutsch: Bürgerwissenschaft. Doch was steckt eigentlich hinter dem Begriff? Und warum ist es so wichtig, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in einen Dialog zu bringen? Katherin Wagenknecht, die gerade den Bau von Bienenhotels in Luckenwalde plant, nimmt uns im Interview mit in dieses vielfältige und spannende Thema.
Wie würdest du Citizen Science in maximal drei Sätzen erklären?
Kurz gesagt: Citizen Science bedeutet, Bürger:innen in verschiedene Stadien des Forschungsprozesses einzubinden. Es gibt zum Beispiel Projekte, in denen interessierte Bürger:innen dabei unterstützen, bestimmte Tierarten zu beobachten und beispielsweise zu zählen – damit tragen sie aktiv dazu bei, eine valide Datengrundlage zu erstellen. Citizen Science ist vielfältig – ganz genau wie die Wissenschaft und die Zivilgesellschaft.
Warum ist Citizen Science generell und für uns als Innovation Hub 13 so wichtig?
Citizen Science ist eine Möglichkeit, einen Dialog zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft herzustellen. Dabei umfasst Citizen Science potenziell alles, was darin und darum eine Rolle spielt: Wissenschaftskommunikation, Transfer, Forschung, (Weiter-)Bildung etc. Für den Innovation Hub 13 ist Citizen Science eine Möglichkeit, zum einen den Bürger:innen die Forschungsinhalte der Hochschule zu zeigen und zu erklären, und zum anderen eine innovative Methode der Wissenschaft zu testen, die das Potenzial der Zivilgesellschaft ernst nimmt und Räume und Bedingungen schafft, dieses sichtbar zu machen. Forschen für die Gesellschaft sollte eben auch mit der Gesellschaft passieren.
Das Wir forschen! -Team, Katherin Wagenknecht (r.) und Sarah Klemisch (l.)
Woran arbeitest du gerade?
Ich arbeite gerade daran, die Ideen für Citizen Science-Projekte in realisierbare Pläne zu gießen. Dabei unterstützt mich Sarah Klemisch, die seit Dezember 2020 als Projektassistenz das Team Citizen Science ergänzt. Wir arbeiten eng mit den Präsenzstellen der TH Wildau und der BTU Cottbus-Senftenberg zusammen. Für den Sommer hoffen wir zum Beispiel darauf, ein Projekt umzusetzen, in dem es darum gehen wird, Bienenhotels zu gestalten und mittels der Infrastruktur des Makerspaces in Luckenwalde zu realisieren. Außerdem möchte ich gemeinsam mit der Forschungsgruppe Telematik der TH Wildau die Bienenbeuten mit Sensoren ausstatten, um Luftfeuchtigkeit, Wärme und Gewicht zu messen – denn über das Verhalten von Bienen gibt es bisher wenig Daten. Und der Klimaschutz beginnt im Vorgarten.
Außerdem versuche ich herauszufinden, welche Ideen und Vorstellungen die Kolleg:innen an den Hochschulen über Bürgerwissenschaften und Partizipation haben, welchen Stellenwert Wissenschaftskommunikation einnimmt, oder ob es schon Diskussionen über Open Science gibt – das alles sind Schnittstellen zu Citizen Science. Dafür führe ich bereits erste Interviews mit Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen der TH Wildau.
Besonders spannend für mich: In der Zusammenarbeit mit Kolleg:innen aus der Forschungsgruppe Innovations- und Regionalforschung überlegen wir, wie sich Citizen Science und Entrepreneurship zusammen denken lassen. Wie sich also die große Frage nach bürgerlicher Beteiligung an wirtschaftlichen Fragstellungen und Gründungsthemen organisieren lässt. Diese Perspektive verlässt ein wenig die tradierten Wege und Felder der Citizen Science – ich sehe da aber viel Potenzial.
Illustration: upklyak – de.freepik.com
Wo siehst du die Herausforderungen im Bereich Citizen Science?
Die allgemeine Antwort: Citizen Science ist immer auch ein Verlassen gewohnter, traditioneller Forschungsmethoden. Meist bedeutet das ein Umdenken und Neudenken gewohnter Inhalte. In der Zusammenarbeit mit Bürger:innen werden manchmal auch Sachverhalte relevant, die sonst eher auf den Hinterbühnen verhandelt werden, oder es tauchen Fragen auf, die im vorher festgelegten Forschungsfokus nicht vorgesehen waren. Das sind alles Herausforderungen, die Mehraufwand bedeuten können, die aber auch Abenteuer versprechen. Nach der Durchführung der Interviews gibt es dann sicher noch spezifischere Auswertungen und Antworten.
Was hast du gemacht, bevor du zum Innovation Hub 13 gestoßen bist?
Ich war zuletzt am Naturkunde Museum Berlin im Forschungsbereich Wissenschaftskommunikation tätig. Dort habe ich in einem Projekt gearbeitet, in dem wir die europäische Plattform für Citizen Science entwickelt haben. In meinem ersten Leben habe ich zu Einfamilienhäusern geforscht, hier findet sich das Interesse am Raum als relevante Kategorie, die ja auch in der Modellregion eine Rolle spielt. Würde man meinen Sohn fragen, besteht meine Arbeit aus „ganz still sitzen“ und „tippen“ (lacht).
Liebe Katherin, vielen Dank für das Interview und ganz viel Erfolg bei der Umsetzung der ersten Citizen Science-Projekte!
Mehr über die Citizen Science im und aus dem Innovation Hub 13 findet Ihr im Bereich “Wir forschen!”. Dort findet Ihr auch mehr Infos zu den aktuellen Projekten und wie Ihr Euch beteiligen oder in einen Austausch mit uns kommen könnt.
Ausserdem organisieren Katherin und Sarah mit weiteren Kolleg:innen das diesjährige InnoX Science Festival — bei dem es viele spannende Einblicke in Citizen Science und Wissenschaftskommunikation geben wird.
Fragen, Anregungen oder
konkrete Vorhaben?
Wir freuen uns auf ein Gespräch.
Technische Hochschule Wildau
Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg
Der „Innovation Hub 13 – fast track to transfer“ der Technischen Hochschule Wildau und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg gehört zu den 29 ausgewählten Gewinnern der Bund-Länder-Förderinitiative „Innovative Hochschule”, ausgestattet mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung BMBF und des Landes Brandenburg. Weitere Informationen finden Sie unter www.innovative-hochschule.de